Der Fall
Nach dem Ende einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft war die Klägerin im gemeinsamen Haus wohnen geblieben und hatte in den Jahren 2011 bis 2014 die Kreditraten und Hauslasten von mehr als 30.000 Euro im Wesentlichen alleine getragen. Die Beklagte war im Februar 2011 ausgezogen. Im November 2013 war auch die verbliebene Klägerin ihrerseits aus dem Haus ausgezogen.
Eine Vereinbarung zwischen den beiden Partnerinnen über die Verteilung der Kosten bzw. eine Entschädigung für die Zeit der alleinigen Nutzung des Hausanwesens gab es nicht.
Das im gemeinsamen Eigentum stehende Haus war schließlich Ende 2014 verkauft worden. Der Verkaufserlös wurde hälftig geteilt. Die Klägerin verlangte im Jahr 2015 von der Beklagten (weichende Eigentümerin) den hälftigen Ersatz der Kredit- und Hauslasten und zwar für die Zeit März 2011 bis November 2014, in der die Klägerin allein in dem Haus lebte.
Die Beklagte verteidigte sich ihrerseits mit einem Nutzungsentschädigungsanspruch in Höhe einer entgangenen Miete, da die Klägerin das Hausgrundstück seit ihrem Auszug im Februar 2011 alleine genutzt habe (ohne dafür anteilige Miete an die Beklagte zu bezahlen).
Das Urteil
Das Amtsgericht hatte in erster Instanz die Entschädigung für die entgangene Nutzung des Hauses mit der für das Hausanwesen erzielbaren Marktmiete mit Hilfe eines Sachverständigen ermittelt, nämlich monatlich 730 Euro für 2011, 790 Euro für 2012 und 780 Euro für 2013.
Der Bundesgerichtshof bejahte in seinem Urteil grundsätzlich einen hälftigen Ausgleichsanspruch der im Haus verbliebenen Klägerin für ihre Ausgaben (Kredit, Hauslasten) für die Zeit der alleinigen Nutzung (von März 2011 bis November 2013). Diesem Ausgleichsanspruch durfte die Beklagte aber den Nutzungswert für das Hausanwesen in Höhe der hälftigen Marktmiete entgegensetzen, also verrechnen. Da der Nutzungswert (= entgangene Miete) die Kreditraten und Hauslasten hier letztlich aber deutlich überstieg, wies der BGH die Klage der Klägerin insoweit ab.
Zu einem anderen Ergebnis kam der BGH für die Zeit ab November 2013, als nämlich auch die zunächst im Haus verbliebene Klägerin ausgezogen war. Ab November 2013 gab es keine Nutzung mehr des Hauses, so dass ab diesem Zeitpunkt der Beklagten auch keine entgangene Miete für eine alleinige Nutzung der Klägerin mehr zustand. Der BGH bejahte deshalb ab November 2013 ungeschmälert einen hälftigen Erstattungsanspruch der Klägerin für die von ihr gezahlten Kreditraten und Hauslasten.
Die Problematik
Darlehenslasten und laufende Unterhaltungskosten darf der in der Wohnung verbliebene Partner hälftig mit dem nicht mehr dort wohnenden Partner als Miteigentümer teilen. Nutzt der verbleibende Partner das Miteigentum allein, kann dies wiederum zu Ansprüchen des weichenden Partners auf Nutzungsersatz führen.
Schwierigkeiten treten jedoch dann auf, wenn der verbliebene Partner, der die Darlehenslasten und laufenden Unterhaltungskosten trägt, erst später den hälftigen Ausgleich verlangt. Denn der weichende Partner kann nicht ohne weiteres im Gegenzug rückwirkend eine Nutzungsentschädigung für die alleinige Nutzung des anderen Partners verlangen. Das Verlangen des weichenden Partners wirkt nur für die Zukunft, denn der Nutzungsersatz bzw. die Miete setzt eine Einigung der Partner voraus. Daran fehlt es oft.
Dem liegt die rechtliche Regelung in § 745 abs. 2 BGB zugrunden, wonach die beiden Lebenspartner sich über die Bedingungen der alleinigen Nutzung und eine Miete oder ein Nutzungsentgelt einigen müssen. Es reicht nicht allein das bloße Wegziehen aus der gemeinsamen Wohnung, welche dann dem anderen Partner zur Alleinnutzung verbleibt.
Anders formuliert: Gehört zwei Personen ein Haus, ein Auto oder ein anderer Gegenstand, und nutzt nur einer von beiden diesen Gegenstand, dann kann derjenige, der ihn nicht nutzt, erst dann anteilig Geld dafür verlangen, wenn man sich über einen Geldbetrag geeinigt hat. Der Nicht-Nutzende muss zumindest ankündigen, dass er für die alleinige Nutzung durch den anderen eine Entschädigung verlangt.
Anders ist es für den verbleibenden Partner. Er oder sie kann stets rückwirkend die hälftigen Darlehens- und Hauslasten fordern. Wenn aber dem ausgezogenen Partner – wie oben ausgeführt – ein solcher in die Vergangenheit zurückreichender Anspruch nicht zusteht, ergibt sich die unbillige Konsequenz, dass der weiter nutzende und die Lasten tragende Partner rückwirkend einen hälftigen Ausgleichsanspruch hat, während dem weichenden Partner nur ein in die Zukunft wirkender Anspruch auf Neuregelung bzw. Nutzungsentgelt zustünde, mit dem er die bisher aufgelaufenen Ausgleichsansprüche nicht abwehren könnte. Dies wäre insbesondere dann unbillig, wenn beide Partner nach der Trennung stillschweigend davon ausgehen, dass der Verbliebene für die alleinige Nutzung des Hauses auch die Lasten trägt.
Dieses unbillige Ergebnis korrigiert der BGH mit seinem Urteil:
Auch wenn der weichende Partner nicht sogleich ein Nutzungsentgelt verlangt hat, beschränkt der BGH die Ausgleichsansprüche des verbleibenden Partners, der weiterhin die Darlehenslasten und laufenden Unterhaltungskosten trägt, nach Maßgabe des § 242 BGB durch ein angemessenes Nutzungsentgelt, nämlich in Höhe der Marktmiete.
Praktisch bedeutet dies, dass die Ausgleichsansprüche des verbleibenden (und zahlenden) Partners begrenzt werden durch die entgangene Miete des weichenden Partners. Die Beklagte (= weichende Eigentümerin) musste sich hier also für den Zeitraum der Nutzung von März 2011 bis November 2013 nicht an den Hauslasten beteiligen, weil ihre Entschädigung für die entgangene Nutzung höher war. Es stand ihr aber kein Anspruch auf die Differenz zu, da sie diese zuvor nicht geltend gemacht hatte.
Für die Zeit nach dem Auszug der zunächst Verbliebenen gab es hingegen keinen aufrechenbaren Gegenanspruch der Beklagten, denn es gab keine alleinige Nutzung mehr durch die zunächst verbliebene Partnerin.
Fazit
Wenn es zu keiner Einigung kommt (z.B., weil die Verhandlungen darüber einschlafen) oder die Partner überhaupt nicht darüber nachgedacht haben, dann läuft der weichende Partner Gefahr, leer auszugehen. Rückwirkend gibt es für ihn keine entgangene Miete. Es ist daher wichtig, dass der weichende Partner mit Auszug aus der Wohnung zu erkennen gibt, dass er für die alleinige Nutzung (in der Regel) den hälftigen Nutzungswert (Marktmiete) beansprucht. Der Zugang dieses Verlangens sollte möglichst nachweissicher erbracht werden.
Die Brisanz und Komplexität bei Grundstücken zeigt sich auch in einem Fall, den das OLG Hamm am 6. April 2022 (Az.: 8 U 172/20) entschied: Es scheiterte eine nichteheliche Beziehung nach dem gemeinsamen Erwerb eines Baugrundstücks, auf dem nur ein Partner alleine ein Einfamilienhaus errichtet hatte. Das OLG Hamm verweigerte dem verbliebenen Partner einen anteiligen Ersatz der (Bau-)Kosten. Es verblieben aber wegen der Wertsteigsteigerung des hälftigen Miteigentumsanteils des weichenden Partners Ansprüche auf Zahlung.
Spätestens hier dürfte klar sein, dass Aussitzen nach dem Ende einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine Option ist und die beteiligten Parteien sich frühzeitig nach Scheitern der Beziehung beraten lassen sollten, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt entweder den ehemaligen Partner (unerwartet) auszahlen zu müssen oder Geldansprüche zu verlieren.
Lassen Sie sich als Miteigentümer eines Grundstücks oder einer Immobilie im Fall einer Trennung lieber gleich juristisch beraten!
Copyright Artikelbild: Adobe Stock / XtravaganT