Die mietrechtliche Ausgangslage
Rund ein Drittel der Bundesbürger soll nicht über die notwendigen finanziellen Rücklagen verfügen, um bei durch die Corona-Pandemie verursachten Engpässen (z. B. Kurzarbeitergeld, Arbeitslosigkeit) ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die Kündigung von Verträgen, vor allem von Kreditverträgen, wird die Folge sein. Betroffen dürften insbesondere auch Wohnungs- und Gewerbemietverhältnisse sein.
Mietverhältnisse können aus wichtigem Grund außerordentlich, d.h. fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Kündigungsgrund liegt insbesondere vor, wenn sich ein Mieter
- für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete (oder eines erheblichen Teils davon) gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB, oder
- in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit zwei Monatsmieten (oder mehr) gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 b BGB in Verzug befindet.
Neben der außerordentlichen fristlosen Kündigung kann ein Vermieter auch fristgemäß gemäß § 573 Abs. 1 Nr. 1 BGB kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat, insbesondere dann, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Zu diesen Pflichten gehört auch die Mietzahlungspflicht.
Was regelt das Gesetz für Mietverhältnisse in der Corona-Pandemie?
Die Bundesregierung befürchtet nun eine große Anzahl von Kündigungen im Bereich des Mietrechts. Um dem entgegen zu wirken, hat der Bundestag am 25. März 2020 das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ beschlossen. Dieses Gesetz sieht in Artikel 6 § 2 folgende Änderungen des Mietrechts vor (lesen Sie hier die WEG-Rechtsänderungen während der Corona-Pandemie):
Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen
(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.
(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.
Durch eine Kündigung auch wegen (unverschuldetem) Zahlungsverzug würden Mieter ihre Wohnungen und Gewerbetreibende ihre Existenzgrundlage verlieren. Um dies zu verhindern, sieht das Gesetz vor, das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen einzuschränken, soweit dies Mietrückstände betrifft, die im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 wegen der COVID-19-Pandemie anfallen werden oder angefallen sind. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerberaummietverträge.
Durch diese Einschränkung des Kündigungsrechts in Miet- und Pachtverhältnissen soll der Fortbestand dieser Rechtsverhältnisse vorerst gesichert sein, auch wenn sich an der grundsätzlichen Zahlungsverpflichtung nichts ändert.
Zu beachten ist, dass die betroffenen Mieter und Pächter die Beweislast dafür tragen, dass der Zahlungsrückstand auf der COVID-19-Pandemie beruht. Es obliegt also dem Mieter, den Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und seiner Nichtzahlung der Miete im Streitfall glaubhaft darzulegen und ggf. zu beweisen. Anzuführende Gründe könnten sein:
- Nachweis der Antragstellung bzw. Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen;
- Bescheinigungen des Arbeitsgebers oder andere Nachweise über das Einkommen bzw. über Verdienstausfall;
- Mieter von Gewerbeimmobilien können darüber hinaus den Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung zum Beispiel regelmäßig mit Hinweis darauf glaubhaft machen, dass der Betrieb ihres Unternehmens im Rahmen der Bekämpfung des SARSCoV- 2-Virus durch Rechtsverordnung oder behördliche Verfügung untersagt oder erheblich eingeschränkt worden ist. Dies betrifft derzeit etwa Gaststätten oder Hotels, deren Betrieb zumindest für touristische Zwecke in vielen Bundesländern untersagt ist.
Ausgeschlossen sind sowohl die außerordentliche fristlose als auch die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses aufgrund solcher Mietrückstände. Entsprechendes gilt für die außerordentliche fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses über Grundstücke oder über Räume, die keine Wohnräume sind, z.B. Garagenstellplätze.
Was bedeutet das Gesetz für die Entrichtung der Miete?
Unberührt bleiben die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Fälligkeit und des Verzugs, die während der Geltung des Gesetzes weiterhin auf die Miet- und Pachtforderungen anwendbar sind.
Ein Recht zur Verweigerung der Mietzahlung steht dem Mieter demnach nicht zu. Leistet der Mieter die Miete nicht oder nicht vollständig, so gerät er weiterhin in Verzug. Der Vermieter bleibt auch berechtigt, die Mietforderungen (gerichtlich) durchzusetzen, eine eventuell gewährte Mietkaution oder Mietgarantie zu verwerten, gegen möglicherweise bestehende Forderungen des Mieters aufzurechnen oder von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch zu machen.
Kann aus anderen Gründen eine Kündigung ausgesprochen werden?
Auf sonstige Kündigungsgründe erstreckt sich die Corona-bedingte Beschränkung des Kündigungsrechts nicht. Kündigungen des Miet- beziehungsweise Pachtverhältnisses aus anderen Gründen (z.B. wichtige Gründe, die auf schwerwiegendem Fehlverhalten des Mieters gegenüber dem Vermieter beruhen) bleiben weiterhin möglich. Soweit das Gesetz die Kündigung eines Mietverhältnisses ohne Gründe zulässt – etwa im Fall unbefristeter Mietverhältnisse über Grundstücke und über Räume, die keine Wohnräume sind (§ 580a Absätze 1 und 2 BGB) –, bleibt auch diese Kündigungsmöglichkeit unberührt.
Insbesondere kann ein Vermieter das Mietverhältnis weiterhin aufgrund von Mietrückständen kündigen, die in einem früheren Zeitraum aufgelaufen sind bzw. die aus einem späteren Zeitraum resultieren werden.
Er kann die Kündigung auch aus sonstigen Gründen erklären, etwa wegen Vertragsverletzungen anderer Art, beispielsweise wegen unbefugter Überlassung der Mietsache an Dritte oder wegen Eigenbedarfs.
Auch bei auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnissen über Grundstücke oder über Räume, die keine Wohnräume sind, bleibt nach § 580a BGB eine ordentliche Kündigung ohne Kündigungsgrund weiterhin möglich.
Was passiert mit schon ausgesprochenen Kündigungen?
Kündigungen, die Vermieter seit dem 1. April 2020 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes wegen Zahlungsrückständen des Mieters wirksam erklärt haben, sind von der Kündigungsbeschränkung erfasst. Dies hat zur Folge, dass solche Kündigungen mit Inkrafttreten des Gesetzes rückwirkend unwirksam sind.
Was passiert, wenn das Gesetz außer Kraft tritt?
Wegen Zahlungsrückständen, die vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 eingetreten und bis zum 30. Juni 2022 nicht ausgeglichen sind, kann nach diesem Tag wieder gekündigt werden. Damit haben Mieter und Pächter vom 30. Juni 2020 an genau zwei Jahre Zeit, einen zur Kündigung berechtigenden Miet- oder Pachtrückstand auszugleichen.
Das Gesetz ist am 1. April.2020 in Kraft getreten und am 30. September 2022 wieder außer Kraft treten. Die Kündigungseinschränkungen sollen jedoch (vorerst) nur bis zum 30. Juni 2020 gelten.
Auch rechtlich zulässig ausgesprochene Kündigungen von Mietverhältnissen könnten während der Corona-Pandemie verstärkt angefochten werden und sich negativ auf Ihr Image auswirken. Gerne unterstütze ich Sie bei Ihren Mietrechtsfällen, so dass Sie juristisch auf der sicheren Seite sind.
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