Datenschutz bei Vermietungen
Die Auswahl geeigneter Mieter ist häufig schwierig, vor allem in Gebieten mit hoher Besiedelungsdichte wie Berlin, wo eine sehr hohe Nachfrage nach Wohnraum vorherrscht. Da scheint es nahe zu liegen, gleich zu Beginn sehr viele personenbezogene Daten von Mietinteressenten zu erheben. Denn nur so können Vermieter oder beauftragte Dienstleister sich ein entsprechendes Bild von den potenziellen Mietern machen.
Doch sobald personenbezogene Daten ins Spiel kommen, greift die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Der Prozess der Datenerhebung (bei Mietinteressenten) ist deshalb streng reguliert.
Zulässige Informationen in Selbstauskünften
Um Vermietern Sicherheit zu geben, hat die Datenschutzkonferenz (DSK) der deutschen Aufsichtsbehörden eigens eine Orientierungshilfe veröffentlicht. Daraus wird ersichtlich, dass Vermieter, Immobilienmakler und Hausverwaltungen deutlich weniger Fragen an Mietinteressenten stellen dürfen als die meisten denken.
Folgend finden Sie eine Auflistung zulässiger Informationen in Selbstauskünften:
Besichtigungstermin
Bevor es zur Besichtigung kommt, dürfen Vermieter grundlegende Informationen erheben, wie Name, Anschrift und gegebenenfalls Angaben aus dem Wohnberechtigungsschein.
Beim Besichtigungstermin selbst dürfen sich Vermieter von den Interessenten einen Personalausweis zeigen lassen, um die Identität festzustellen. Diese Überprüfung darf dokumentiert werden.
Dies erfolgt im Rahmen des berechtigten Interesses des Vermieters.
In vielen Selbstauskünften finden sich jedoch zusätzliche Fragen, die freiwillig beantwortet werden sollen, um die Chancen bei der Bewerbung zu erhöhen. Meist wird auf eine Einwilligung als Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung hingewiesen. Dies ist aus Sicht der DSK jedoch äußerst problematisch. Zum einen kann immer nur eine Rechtsgrundlage herangezogen werden. Zum anderen ist die für eine Einwilligung notwendige Freiwilligkeit zumindest fragwürdig. Denn Mietinteressenten dürfte klar sein, dass sie nur eine Chance auf den Wohnraum haben, wenn sie die Fragen beantworten.
Zusammengefasst: Vermieter mögen zwar gute Gründe haben, schon vor dem Besichtigungstermin Interessenten auszufiltern. Es fehlt jedoch aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung weiterer Informationen. Bei einer Verarbeitung personenbezogener Daten ohne gültige Rechtsgrundlage drohen schmerzhafte Bußgelder.
Anmietungsinteresse
Spätestens nach dem Besichtigungstermin bzw. bei Äußerung eines Mietinteresses wollen Vermieter in der Regel ein umfassendes Bild der Interessenten erlangen. Doch auch hier sieht die DSK einige Beschränkungen durch die DSGVO.
In diesem Fall ist die Rechtsgrundlage die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen. Deshalb dürfen aber auch nur Informationen abgefragt werden, die zur Begründung eines Mietverhältnisses unbedingt erforderlich sind.
Die DSK hält die hier aufgelisteten Fragen in der Regel für zulässig. Die Aufsichtsbehörden machen aber auch klar, dass es Fälle geben kann, in denen noch weniger erhobene Daten notwendig und damit weniger Fragen zulässig sind:
- Wie viele Erwachsene und Kinder sollen einziehen? (Sofern diese Personen keine Mietvertragspartner werden sollen, dürfen keine weiteren Informationen abgefragt werden!)
- Liegt ein Wohnberechtigungsschein vor? (Sofern für die Anmietung des Wohnraumes notwendig, es darf Einsicht verlangt werden.)
- Wer ist der aktuelle Arbeitgeber?
- Welcher Beruf wird derzeit ausgeübt? (Die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ist laut DSK ungeeignet, das Sicherungsbedürfnis eines Vermieters zu erfüllen und darf nicht abgefragt werden!)
- Wie hoch ist das monatliche Einkommen? (Das Anfordern von Nachweisen der Einkommensverhältnisse ist erst im nächsten Schritt erlaubt!)
- Welche Haustiere sollten mit einziehen? (Nur sofern die Tierhaltung nicht im zukünftigen Mietvertrag als zulässig vereinbart ist, Kleintiere sind ausgenommen.)
- Besteht ein offenes Insolvenzverfahren? (Nur Ja/Nein-Antwort)
- Wurde in den letzten fünf Jahren ein Räumungstitel hinsichtlich des Wohnraums des Mietinteressenten erlassen? (Nur Ja/Nein-Antwort)
Die zulässigen Informationen, um sich für Mietinteressenten zu entscheiden, sind also sehr beschränkt – und deutlich weniger als in der Praxis häufig zu beobachten ist. Deshalb an dieser Stelle nochmals die dringliche Warnung:
Die Verarbeitung von weiteren personenbezogenen Daten etwa zur Religion, Rasse, ethnische Herkunft bzw. Staatsangehörigkeit, Vorstrafen und strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Heiratsabsichten, Schwangerschaften, Kinderwünsche oder Mitgliedschaften in Parteien und Mietvereinen ist in der Regel datenschutzrechtlich nicht zu rechtfertigen.
Außerdem der Hinweis, dass das Einfordern von Nachweisen oder sonstigen Dokumenten zu diesem Zeitpunkt im Vermietungsprozess ebenfalls (noch) unzulässig ist.
Entscheidung des Vermieters
Haben Vermieter sich für einen Mietinteressenten entschieden, können zur Vorbereitung und zum Abschluss des Mietvertrags folgende Informationen und Nachweise verlangt werden:
- Nachweis über das derzeitige Monatseinkommen bzw. Nachweis darüber, dass monatliche Mietzinszahlungen geleistet werden können (z.B.: Lohn- oder Gehaltsabrechnungen, Kontoauszüge oder Einkommenssteuerbescheide).
- Nachweis über die wirtschaftliche Bonität (aber nur für das Mietverhältnis), meist in Form eines SCHUFA-Bonitätschecks (sollte der Nachweis fehlen, ist es Vermietern gestattet, eine Abfrage zur Bonität des Mietinteressenten bei einer Auskunftei durchzuführen).
- Mietschuldenfreiheitsbescheinigung (konkret darf nur geprüft werden, ob der Mietinteressent in seinem bestehenden Mietverhältnis seine Mietzahlungspflicht für zwei aufeinanderfolgende Monate in der Höhe von mehr als einer Monatsmiete oder innerhalb eines Zeitraums von mehr als zwei Monaten in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten verletzt hat).
- Ob das letzte Mietverhältnis wegen einer tatsächlich vorliegenden, erheblichen Verletzung des Mietvertrags rechtswirksam oder aufgrund einer solchen Pflichtverletzung rechtskräftig festgestellt gekündigt wurde, und wenn ja, um welche Pflichtverletzung es sich handelte.
Löschung der Daten von Mietinteressenten
Personenbezogene Daten sind laut DSGVO dann zu löschen, wenn sie für den Zweck, zu dem sie erhoben wurden, nicht mehr benötigt werden (oder wenn der Zweck nicht mehr erreicht werden kann). Bezogen auf Mietinteressenten sind demnach folgenden Gruppen zu unterscheiden:
- Mietinteressenten, die sich für einen Besichtigungstermin angemeldet haben, aber nicht erschienen sind.
- Mietinteressenten, die zur Besichtigung kamen, aber die Wohnung nicht mieten wollten.
- Mietinteressenten, die einen Besichtigungstermin wünschten, aber nicht die Kriterien erfüllten (sprich keinen Wohnberechtigungsschein hatten) oder nicht für einen Termin kontaktiert werden konnten (z.B. falscher Name oder Kontaktdaten).
- Mietinteressenten, welche ein Anmietungsinteresse äußerten, aber nicht vom Vermieter genommen wurden.
- Mietinteressenten, die zu Mietern wurden.
Entfällt der Verarbeitungszweck für die ersten vier Gruppen (Organisation eines Besichtigungstermins und/oder Prüfung, ob mit dem Mietinteressenten ein Vertrag abgeschlossen werden soll), sind deren personenbezogene Daten also zu löschen. Da diese nicht erfolgreichen Mietinteressenten gegen eine mutmaßliche Benachteiligung nach § 21 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) klagen können, sollten die Daten bis zum Ablauf entsprechenden Frist aufbewahrt, dann aber nach sechs Monaten gelöscht werden (soweit keine weitere Geltendmachung von Ansprüchen infrage kommt).
Wollen Mietinteressenten über andere Wohnungen informiert werden und liegt dafür eine gültige Einwilligung vor, dürfen die Kontaktdaten (aber nur diese!) länger gespeichert werden.
Das Führen einer schwarzen Liste oder der Abgleich aktueller Mietinteressenten mit einer bestehenden Datenbank ist hingegen lauf DSK mangels Rechtsgrundlage grundsätzlich unzulässig.
Achtung: Auch für erfolgreiche Mieter gilt, dass diejenigen personenbezogene Daten, die im Rahmen des Vermietungsprozesses erhoben und verarbeitet wurden, gelöscht werden müssen, wenn sie nicht für die Durchführung des Mietvertrags erforderlich sind.
Fazit
Für viele Vermieter, Immobilienmakler und Hausverwaltungen dürften die Vorgaben der DSK eine deutliche Abkehr vom bisherigen Vorgehen bedeuten. Ob sich DSGVO-konforme Selbstauskünfte bzw. Vermietungsprozesse durchsetzen, wird letztlich von der Sanktionswilligkeit der Aufsichtsbehörden abhängen. Inwiefern Beschwerden abgelehnter Mitinteressenten das beeinflussen, wird noch zu beobachten sein.
Die Erfahrung der letzten Jahre nach Einführung der DSGVO zeigt jedoch, dass ein datenschutzkonformes Vorgehen in jeder Branche dringend anzuraten ist. Gerade wenn die Aufsichtsbehörden sich auf bundesweit einheitliche Vorgaben geeinigt haben, ist eine entsprechende Sanktionspraxis erwartbar.
Olivia Satchel, LL.M berät bei der activeMind AG Unternehmen aller Branchen zur effektiven Umsetzung des Datenschutzrechts und wirkt als externe Datenschutzbeauftragte auf DSGVO-konforme Geschäftsmodelle hin.
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